Wenn ihr meinen Blog bisher aufmerksam verfolgt habt, müsstet ihr mit der Info vertaut sein, dass ich bereits zweimal am Gaumensegel operiert werden musste.
Nein? Ok. Eine kleine Erinnerungshilfe: Das erste Mal haben sie mir im zarten Alter von einem Jahr das lästige Segel gekürzt, am Gaumen angenäht und mir meine Mandeln geklaut, das zweite Mal war während meiner Bandscheiben-OP. Letztere sollte mir allerdings mein noch junges Bullyleben retten, sonst hätte ich die Narkose nicht überlebt und für die Ewigkeit geschlafen.
Als mich Frauchen und Herrchen nach gefühlten 100 Hundejahren endlich aus der Tierklinik Kaiserberg nach der Bandscheiben-OP abholten, waren sie nicht nur überglücklich, dass ich nicht doch meine Zelte im Hundehimmel aufgeschlagen hatte, darüber hinaus freuten sie sich, dass ich fortan keine Probleme mehr mit dem Luft-Bekommen haben würde. Das sagten auch die Ärzte damals: „Ja, das Problem mit dem Gaumensegel wird er nicht mehr haben!“ Und lachten. Frauchen und Herrchen auch. Sie freuten sich. Jetzt musste ich „nur“ wieder Laufen lernen und könnte ein ganz normales Hundeleben führen. So der Gedanke.
Schon nach der ersten Gaumensegel-OP sollte sich mein Röcheln und das Ringen nach Luft nachts relativ schnell wieder einstellen. Nach einem knappen Jahr war ich schon wieder ganz der Alte und ein Kind rief zu seinem Papa: „Schau mal, Papa! Ein schwarzes Schwein!“ Mir war das egal. Eigentlich habe ich mich sogar daran gewöhnt so zu leben. Das ständige Sich-Übergeben-Müssen beim zu heftigen Spielen, wenn es zu heiß ist oder ich schon wieder für zehn Nilpferde getrunken habe, Routine für mich und stört mich weniger, als Frauchen und meine Umgebung.
Zu schön wäre es gewesen, wenn nach der zweiten Gaumensegel-OP endlich alles „normal“ gewesen wäre. Ihr müsst wissen: Kurz nach meiner OP habe ich mich nachts manchmal zu Tode erschrocken, wenn Frauchen ihren Riesen-Kopf urplötzlich und ganz aufgeregt auf mich legte. Warum sie das getan hat? Sie wollte schlichtweg horchen, ob ich noch atme. Dieses leise, kaum hörbare Atmen kannte ja niemand von mir, der sonst ganze Wälder zersägt hatte.
Schon nach einem halben Jahr nach der Bandscheiben- und Gaumensegel-OP stellte sich schließlich meine bekannte Knatter-Atmung wieder ein, inklusive Kotzen – wenn ich das mal so direkt auf den Punkt bringen darf. Ich kam demzufolge nicht drumherum: Frauchen schleppte mich abermals zur Tierklinik nach Duisburg Kaiserberg, um wenigstens „einen Blick auf mich werfen zu lassen“. Klasse.
Ich steige also aus dem Auto aus, in freudiger Erwartung auf das, was mich jetzt erwartet. In der Regel sind das Wiesen, Wälder oder irgendwelche Menschen, die wir besuchen. Daher freue ich mich einfach immer auf Verdacht. Dieses Mal war es dieses Riesengebäude mit ganz schön vielen Hunden im Inneren. Bisher erinnerte mich nichts an irgendetwas. Nur die mir gegenübersitzende englische Bulldoggen-Verwandtschaft kam mir mit ihrer zur linken Seite heraushängende Zunge etwas zerstört vor, wie sie da saß und lauthals hechelte. Dagegen war ich ja ein geräuschloser Waisenknabe. Ansonsten war eigentlich alles cool. Ich sitze und beobachte da also – und dann geht sie auf. Die Tür. Ich rieche diesen Geruch, höre diese Frauen-Stimme, die mir so bekannt vorkommt und merke: Hier stimmt was nicht. Also ziehe ich die Rute ein und versuche mich hinter Frauchens Beinen zu verstecken. Vielleicht habe ich Glück und die finden mich nicht. Kann ja sein. Dann geht sie wieder auf, dieses Mal eine andere Tür. Eine Frau steckt ihren Kopf heraus und ruft irgendetwas. Frauchen steht auf. Scheiße! Merde! Die macht Ernst.
Was also soll ich machen? Widerstand bringt eh nicht, das habe ich in meinen letzten fünf Jahren, in denen ich hier auf Erden unterwegs bin, gemerkt. Also tippel ich hinterher. Rein in den Raum des Horrors. Dieser Geruch – beängstigend! Frauchen und die Dame in dem Kittel sprechen, ich verstehe nichts. Will ich auch nicht. Will nur hier raus! Nach einer gefühlten Ewigkeit lächelt Frauchen mich an. Puh. Alles scheint gut zu sein. Die Ärztin wirft noch einen Blick auf mein lädiertes Auge, dessen Hornhaut etwas kaputt ist, nickt freundlich und streckt Frauchen die Hand entgegen. Das scheint es gewesen zu sein. Nichts wie weg hier. Los, los, macht endlich die blöde Tür auf!
Im Nachhinein weiß ich, was die in dem Zimmer geredet haben: Es ist so, dass das Gaumensegel durch das Atmen und die damit verbundene Vibration immer wieder sozusagen „ausleiern“ kann. Um das Problem zu beheben, würde man an einer weiteren OP nicht vorbei kommen. Und das kommt natürlich nicht infrage. Immerhin könnte das Gaumensegel auch dann wieder ausleiern und das Risiko, dass ich doch früher als geplant in den Hundehimmel einziehe, ist einfach zu groß. Dann säge ich lieber noch ein paar Jahre weiter und bleibe ganz einfach ich: das kleine schwarze Schwein aka Knatter-Hannes namens Madox.